Zukunftsmodell: Darum ist das Hänigser Freibad so beliebt
Die Besucherzahlen sprechen Bände, genau wie die positiven Beurteilungen der Gäste. Erneut zählt das Freibad in Uetzes Ortsteil Hänigsen zu den beliebtesten deutschlandweit. Doch woran liegt das? Wir haben nachgefragt – und die Antwort ist ganz einfach: Die Einrichtung wird von Ehrenamtlichen betrieben. Die genossenscha!liche Betriebsform kann durchaus eine Lösung für die Zukun! sein, wo immer mehr kommunale Bäder wegen Personalmangel schließen müssen.
„Ich habe 120 Mitarbeitende“, sagt Dieter Bufe. Der Mann ist Vorsitzender des genossenschaftlich betriebenen Freibades in Uetzes Ortsteil Hänigsen und muss es wissen: Weil derzeit immer mehr kommunale Bäder schließen müssen, sieht er die Tatsache, dass seine Mitarbeitenden allesamt ehrenamtlich in der Einrichtung tätig sind – von zwei Hauptamtlichen abgesehen –, durchaus als Modell für die Zukun>. Wichtig sei aber, die Ehrenamtlichen davon zu überzeugen, dass sie ihre Zeit nicht einbringen müssen, betont Bufe. „Sie müssen das vielmehr wollen, für die Gemeinschaft.“
Die jüngsten offiziellen Bewertungen geben ihm und seinen Mitstreitern aus der Genossenscha> und dem eigens gegründeten Förderverein recht. Im Jahr 2016 war das Hänigser Freibad vom Bundesverband des deutschen Bäderwesens zum schönsten im ganzen Land gekürt worden. Nun folgte in einer Online-Umfrage erneut der Sprung auf die vorderen Ränge. Unter dem Stichwort „Freibad-Ranking 2024″ wertete das Vergleichsportal www.Testberichte.de gut 800.000 Google-Rezensionen aus – und die Hänigser belegen Platz 23 von 1700 benoteten Bädern in Deutschland. Das Freibad Nöpke in Neustadt am Rübenberge landete sogar auf Platz 7. Berücksichtigt wurden bis zum 23. Juli nur Bäder mit mindestens 100 Bewertungen.
Kein großer Jubel wegen Platzierung
Trotz der Platzierung bricht bei den Verantwortlichen in Hänigsen kein großer Jubel aus. „Es reicht für eine Schlagzeile und ist die Bestätigung der guten Arbeit aller im Bad wirkenden Menschen“, betont Bufe. Denn ein genauer Blick auf die Ergebnisse zeige auch, dass es nicht um einen Vergleich der 1700 Bäder gehe. „Wer sollte auch in der Lage sein, dieses zu bewerkstelligen?“, fragt der Vorsitzende skeptisch. Seinen Angaben zufolge seien für Hänigsen lediglich 200 Beurteilung abgegeben worden.
Pommes Frites sind seit Jahrzehnten Familienangelegenheit
„Gerade für uns als Genossenschaft sind andere Indikatoren aussagekräftiger“, betont der Vorsitzende. „Wir schauen unter anderem auf die Mitgliederentwicklung, die regionale Durchdringung, die Entwicklung bei den Abos für Saisonkarten, die Besucherzahlen und die uns vorliegenden Rückmeldungen der Besucher.“ All das würde sich seit Umwandlung des einst kommunalen Bades hin zu einem genossenschaftlich betriebenen Bad durch die Bürger kontinuierlich positiv entwickeln. In der Saison 2016 habe man den vom Bundesverband verliehenen „Public Value Award“ gewonnen, erinnert Bufe. „Diese von einer hochrangig besetzten Jury verliehene Auszeichnung basiert auf einem Bündel von geprüften Faktoren, die dem Vergleich zugrunde liegen.“ Diese Faktoren habe man als Richtschnur für die Entwicklung stets im Fokus. Doch was macht das Hänigser Freibad nun so besonders? Bufes Antwort ist denkbar einfach: „Wir sind familienfreundlich.“ Dabei meint er nicht etwa nur die Eintrittspreise oder Angebote, die die Besuchenden während der Saison erwarten. Vielmehr sind mehrere Generationen von Familien aktiv. Als Beispiel nennt er die Vanins rund um den aktuellen Ortsbürgermeister. Oder die Familie Uzun, die seit mehr als 20 Jahren den Kiosk betreibt. Deren Pommes Frites seien legendär, schwärmt der Vorsitzende, und Seniorchef Yusuf Uzun bestätigt: „Wir haben bereits mehrfach Preise gewonnen.“ Er betreibt den Kiosk mit seinem Sohn und seinen Enkeln. Sie stehen bis heute für die Qualität der Fritten „rot oder weiß“ – oder beides. Die Kartoffeln stammten aus der Region und wiesen pro Pommesstäbchen immerhin eine beachtliche Dicke von elf Millimetern auf, sagt Uzun stolz.
Bergarbeiter schlagen den Bau vor
Als Hauptgründe für die Beliebtheit des Hänigser Freibads hat Bufe noch andere Faktoren ausgemacht: die gepflegte Anlage und nicht zuletzt der Zehnmetersprungturm. Es gebe nicht viele Bäder, die einen derart tiefen Sprung ins Nass zuließen.
Bereits 1929 hatten Bergmänner aus den nahen Gruben von Kali und Salz den Bau des Bades vorgeschlagen. Wer unter Tage in engen und finsteren Tunneln schuftet, der kann in seiner freien Zeit nicht genug haben an Licht und Luft unter einem weiten Himmel – so lautete die einfache Formel. Die damalige Gemeinde Hänigsen war reich, das Freibad wurde schließlich 1956 auf die grüne Wiese gestellt. Schon damals gab es den mächtigen Zehnmetersprungturm am Rand eines weit geschwungenen 50 Meter langen Beckens. Dazu kamen eine eigene Nichtschwimmerzone und ein Becken für die Kleinsten. Doch irgendwann lief es nicht mehr gut. Die kommunale Kasse war leer, es drohte die Schließung. Einige mutige Hänigserinnen und Hänigser sprangen ein und gründeten im Jahr 2010 die Genossenschaft. Bufe spricht von einem „Herzensprojekt“, das ihn selbst dazu bewegt hatte, zunächst als „herbstlicher Laubharker“ zu beginnen, um das Freibad zu retten. Fortan rührten sowohl die Genossenschaft als auch der Förderverein fleißig die Werbetrommel, um weitere Mitstreiter zu finden.
Genossenschaft wächst und wächst
Inzwischen befindet sich das Freibad in ruhigem Fahrwasser. Aus anfangs 29 sind bis heute 2289 Genossinnen und Genossen geworden. Sie kommen nicht nur aus Hänigsen, sondern auch aus Burgdorf, Celle, Hannover und Peine. Gleiches gilt für die Besucher; in der vergangenen Saison stiegen rund 62.000 Badegäste in die Becken. Bufe spricht von einem Standortvorteil für die Gemeinde Uetze. „Die Leute checken schon genau, ob es Kitas, Schulen, Ärzte oder eben auch ein Freibad gibt, bevor sie hierherziehen.“
Wie aber motiviert man Menschen, sich als Ehrenamtliche im Freibad zu engagieren? „Es geht darum, dass die Menschen freiwillig ihre Zeit bei uns verbringen“, sagt Bufe, „Ehrenamt ist kein Opfer.“ Es gehe schlichtweg nur über die Motivation – und die wird sichtbar: etwa beim Team Grünanlagen. Jeder und jede habe einen Teil der Rabatten in eigenverantwortlicher Pflege, sagt der Vorsitzende und weist nicht ohne Stolz auf die prächtigen Außenanlagen.
Mehr noch: In Zeiten, in denen kommunale Bäder immer häufiger wegen Personalmangel schließen müssen, kommt eine solche Entwicklung im Hänigser Bad nicht vor. Denn sowohl die Techniker als auch die Schwimmer aus dem Rettungsteam sind ehrenamtlich immer bereit, den Laden am Laufen zu halten. Dafür sorgt auch der Förderverein: Dessen gut 600 Mitglieder zahlen nicht nur Beiträge, sondern kümmern sich ebenfalls ehrenamtlich um den Betrieb. Eine genossenschaftliche Betriebsform, die bei Hallen- und Freibädern die Zukunft darstellen könne – davon ist Bufe überzeugt. Dass er von einem besonderen Spirit in diesem Team spricht, versteht sich da von selbst